2/03 Beziehungen - Leseprobe
Gerhard Amendt
Beziehungsfähigkeit ist die kultivierte Überschreitung von Grenzen
1968 steht für den Beginn eines vielfältigen gesellschaftlichen Wandels. Dessen ursprüngliche Bedeutung bestand darin, die keineswegs wohltuende Vergangenheit der Eltern der 68er durch Perspektiven zu ersetzen, die auch dem Nachdenken über die elterliche Vergangenheit zuzuordnen waren. Das schloss befreiende Modifikationen des Geschlechterverhältnisses ein, die damals vorwiegend im Sexualverhalten von Studenten und Schülern eingeübt wurden. Die sexuelle Liberalisierung, die bald von der Vermarktung libidinöser Regungen usurpiert worden sind und endlos bis zum heutigen Tag verfeinert wird, drang in die letzten Poren allen Lebens ein. Was als Kritik der politischen Elterngeschichte begonnen hatte und als Widerstand gegen deren repressive Sexualerziehung in politischen Aktionen konkretisiert wurde, hatte aber bald die Kritik der elterlichen Geschichte weitgehend vergessen.