2/01 Arbeit - Leseprobe
Gerlinde Malli
Für Frauen gegründet
Das hochglanzpolierte Bild der erfolgreichen Frauen in der Geschäftswelt ist konstruiert und durch Economy-Propheten verstärkt. Man könnte fast meinen, das sei Realität. Es gibt sie. Kein Zweifel. Es gibt sie - allerdings als Ausnahmeerscheinungen, als "Randgestalten" in den oberen Etagen der Arbeitswelt, im wirtschaftlichen, politischen und wissenschaftlichen Feld gleichermaßen. Die Bühne scheint freigegeben für "First Ladies" - sie erscheinen im Rampenlicht und nicht zuletzt im Namen einer Politik, die mehr als die verfängliche Gleichheit predigt, die exemplarisch veranschaulicht, dass es möglich ist, wenn man nur will. Damit ist auf der anderen Seite gleichzeitig unterstellt, dass berufliches "Scheitern" individuelles Versagen voraussetzt. Als lokal- oder nationalspezifische Besonderheit erscheint in diesem Zusammenhang ein Paradoxon an der Oberfläche: zwar scheint sich der amerikanische "Tellerwäscher zum Millionär Mythos" durchzusetzen, anders aber wird die damit verknüpfte Idee des "trial and error" bewertet - der Versuch des sozialen Aufstieges wird propagiert, ein Scheitern allerdings nicht nur individualisiert, sondern in solchem Maße gesellschaftlich verurteilend bewertet (sanktioniert), dass kaum noch Möglichkeiten geboten sind, ein zweites Mal zu starten. Scheitern bedeutet somit gleichzeitig sozialen Abstieg, wenn nicht soziale Ächtung. Kein Wunder also, dass jene Firma, die für Frauen, die gründen wollen, gegründet wurde, dem provinziellen Ort in ihrer Ausrichtung Rechnung trägt: Das feingeschliffene Bild der Karrierefrau muss aufrecht erhalten bleiben. Scheitern wird von vorne herein ausgeschlossen oder wie es die Managerin des Zentrums auszudrücken vermag: " Die Krankheiten wollen wir nicht, wir wollen keine krankenden Unternehmen im Haus."