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Die enormen kulturellen Veränderungen, denen die Menschen unserer ungeduldigen Gegenwart unterworfen sind, verdanken sich in erster Linie dem Bedeutungswandel der Arbeit und den veränderten Arbeitsstrukturen. Die moderne Ökonomie ist längst nicht mehr eine Frage technischer Daten und Dimensionen, sie bestimmt die Lebensweise aller, ob sie dem spätmodernen utilitaristischen Way of life anhängen oder darunter leiden, weil nunmehr verleugnet werden muss, was Lebenskunst einmal ausgemacht hat.

Kohärente Lebensverläufe, gerade Berufslaufbahnen und soziale Verpflichtungen von Institutionen haben ausgedient. Karriere, Flexibilität, Job, Mobilität, freies Unternehmertum, Freiheit, Selbstverantwortung, kurzfristige Arbeit, Anpassung - das sind entscheidende Zauberwörter, die den neuen Takt schlagen. Von den veränderten Arbeitsbedingungen und den neuen Arbeitsverhältnissen gehen zentrifugale Kräfte aus, traditionelle Loyalitäten und Solidaritäten zerbrechen und drohen uns in nicht einholbaren Anforderungen der neuen Wirtschaftsformen zurückzulassen. Niemand weiß, in welche Richtung es geht, welche Risiken lauern, wie mit dem Druck der Bemühungen, da noch mitzuhalten, umzugehen ist und wie wir mit den Konflikten und der Angst fertig werden sollen.

Wenn sich dieses Heft aus einer interdisziplinären Perspektive dem Thema Arbeit widmet, dann ist die kritische Hinterfragung dessen, was da über uns hereingebrochen ist, der verbindende Fokus. Der Titel unseres Heftes "Arbeit" ist mit Bedacht gewählt. Denn in der menschenorientierten Perspektive entlarvt sich die Rede vom Verschwinden der Arbeit schnell als Mythos. Auch wenn "Arbeit" längst zum "Job" mutierte und das Bewusstsein, das Denken und die Vorstellungswelt von Arbeit gründlich verändert hat, so bestimmt sie gerade im Gewand der Selbstverwirklichung gnadenlos wie nie zuvor die gesamte Lebensgestaltung. Der Stoff der neoliberalen Autonomie ist der seelenfressende Zwang der Vermarktung.

Wie sich Arbeitslosigkeit in diese totalisierte Arbeits-Welt einfügt, welche Rolle sie ungefragt auf der Bühne des glücklichen Turbokapitalismus spielt, befragt der Sozialwissenschaftler Hans-Georg Zilian. Gerlinde Malli, Soziologin und Kulturanthropologin, blickt hingegen in die schöne erfolgsversprechende Maske des weiblichen Unternehmertums und sie blickt darunter, wo die Angst vorm Scheitern und vor sozialer Ächtung, die letzten menschlichen Züge, verborgen gehalten wird. An den Schauplatz der "High Potentials", der "Hauptbühne" der schönen neuen Arbeitswelt, dorthin, wo die 60 Stunden-Woche zum unwiderstehlichen Statussymbol und das Recht auf Freizeit zum Anachronismus geronnen ist, führt der Beitrag "Sein und Zeit" der Volkskundlerin Alexandra Hessler und des Ethnologe Peter T. Lenhart. Welcher Platz in der Choreographie der modernen Arbeitswelt der kreativen Arbeit zugewiesen wird, wie auch Kunst und Künstler in den Sog der städtischen Ökonomie und in die Serviceökonomie finanzieller Eliten geraten, zeigt der kulturanthropologische Blick von Banu Karaca auf New Yorker Künstler und Künstlerinnen. Ein Blick auf ihre besondere Situation in der Hauptstadt der westlichen Welt, aber gleichzeitig ein Blick in die Lebenssituation von Künstlern und Künstlerinnen in den Metropolen der gesamten westlichen Welt.

Wie gravierend sich der veränderte Arbeitsmarkt auf das Leben von Frauen der ehemaligen DDR nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten auswirken, thematisieren zwei Autorinnen: Zunächst Irene Dölling, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlerin, die im exorbitant hohen Risiko des Arbeitsplatzverlustes Ostdeutschlands zwar keinen geschlechtsspezifischen Unterschied ortet, wohl aber in der Chance, wieder eine Arbeit zu finden. Diese spezifische weibliche Verlusterfahrung eines fest in die Lebensplanung integrierten Arbeits-Wissens ist gerade als allgemeiner Bestandteil spätmodernen struktureller Wandels besonders widersprüchlich. Der Beitrag von Ute Mohrmann zur FrauenArbeit in Eisenhüttenstadt führt die Überlegungen dieser spezifischen Auswirkung der Arbeitsveränderungen auf das Frauenleben im ehemaligen Ostdeutschland ihrer Profession als Volkskundlerin entsprechend an einen konkreten anthropologischen Ort - in den Frauenalltag in Eisenhüttenstadt.

Dass die globale Umstrukturierung der Arbeitswelt ganz unbemerkt zu neuen Formen längst überwunden geglaubter sozialer Ausbeutung und ethnischer Ausgrenzung führt, zeigt Sabine Hess in ihrem Beitrag von "Rabenmüttern, Dienstmädchen und neuer Ökonomie". In Dienstleistungsbranchen anderer Art der urbanen, der neokapitalistischen Verheissungsgesellschaft führt uns schließlich der Glück suchende Herr Rossi in einem Beitrag von Johannes Moser.

     

Elisabeth Katschnig-Fasch