„Bildung ändert alles“, wirbt derzeit eine deutsche NGO auf überdimensionalen Werbeplakaten in der Münchner Innenstadt. Und kaum ein Tag vergeht, an dem die deutschsprachige Medienlandschaft nicht über Themen wie die PISA-Studie, die Hattie-Studie oder Reformen des Schul- und Universitätswesens diskutiert. Gleichzeitig steht nahezu jedem Reformversuch eine Studie gegenüber, die belegt, wie wenig er gegen die soziale Ungleichheit auszurichten vermag. Denn der Bildungssektor ist, wie uns etwa Pierre Bourdieu und Paul Willis gezeigt haben, ein Schauplatz sozialer Kämpfe und dient sowohl der Transformation als auch der Verfestigung sozialer Verhältnisse. Mit diesem Umstand sind auch wir selbst als Wissenschaftler_innen immer wieder konfrontiert, unterliegen wir doch ebenso aktuellen Bildungskonzeptionen beziehungsweise gestalten die-
se selbst mit.
Es ist also mehr als an der Zeit, sich mit der Thematik aus einer kultur- respektive sozialanthropologischen Perspektive auseinanderzusetzen. Konzeptuell ist das Feld jedoch bislang vornehmlich durch Theoretiker_innen der Erziehungswissenschaften und der Bildungssoziologie besetzt. Gleichzeitig verstehen sich die Bildungswissenschaften allerdings als interdisziplinär und nicht erst seit Paul Willis Studie „Learning to Labour“ ist Bildung auch Interessensgegenstand der Kulturwissenschaften. Dennoch ist die kulturwissenschaftliche Stimme in den Debatten um Erziehung und Bildung bis heute eine kaum vernehmbare und nimmt sich derzeit wenn überhaupt vor allem der Universitäts- und Wissenschaftsforschung an. So fragt beispielsweise der Kulturwissenschaftler Andreas Wittel, wie Bildung zum Gemeingut, zum commons werden kann, wenn Bildung zunehmend Hand in Hand mit Ökonomisierungs-, Regionalisierungs- und Globalisierungstendenzen geht.1 Gerade aber eine kulturwissenschaftliche, ethnographische Perspektive ermöglicht es, Praxen, Figurationen und Subjektivierungen in den Blick zu nehmen, um so einen ganz spezifischen Beitrag zur Bildungsforschung zu leisten.