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2/18 Gleichheit - Editorial

Das Dilemma der Gleichheit

Mit Gleichheit fokussiert die vorliegende Ausgabe des Kuckucks einen Begriff, der in den letzten Jahren meist einzig hinsichtlich seines Spiegelbildesder Ungleichheit ‒ thematisiert wurde. Sowohl in kultur- und sozialwissenschaftlicher Forschung als auch in politisch-aktivistischen Kontexten werden gesellschaftliche Selbstverständnisse vor allem in Abarbeitung an identitätspolitischen und auf dem Konzept der Differenz basierenden Ansätzen diskutiert. Die damit verbundenen, häufig aufgeregten Debatten verlieren zugleich an Überzeugungskraft, was sich nicht zuletzt an kritischen Stimmen zum ausschließlichen Fokus auf Identitätspolitiken in Aktivismus und Forschung zeigt. Auch Alltagskulturwissenschaftler_innen und Kulturanthropolog_innen verwenden Unterschiedlichkeit nicht zuletzt qua Routine als Linse des analytischen Blickes und orientieren sich an intersektionalen Achsen der Differenz. Dieses Heft stellt einen Versuch dar, Themen von der anderen Seite her anzugehen: der Gleichheit. 

Zwischen Gleichsein und Gleichmachen, den gleichen Rechten und dem (immer) Gleichen beschäftigt sich das Heft mit der Wiederholung, dem Reproduzieren, dem Austauschbaren, der Konformität, dem Kollektiven und der Übereinstimmung. Vorstellungen von Gleichheit – so zeigte sich schon in der Konzeption des Heftes und der Breite und Unterschiedlichkeit der angefragten Texte – sind höchst ambivalent, verweisen auf Utopien oder Dystopien und sind untrennbar mit Wertzuschreibungen und politisch-moralischen Haltungen verbunden.  

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2/18 Gleichheit - Inhaltsverzeichnis

Erkämpfte Gleichheiten
"Volksvorurteil" und Menschenwürde als Kuckucksei des Völkerrechts
Georg Lohmann

Hitting the Jackpot
Die New Yorker Wohnungslotterie als Erfüllung des Amerikanischen Traums?
Yuca Meubrink

Programmierte (Un)gleichheiten
Mit Data Mining in die Polizeiarbeit der Zukunft?!
Libuše Hannah Vepřek

Organische Einheit statt Schockerfahrung
Zur Ästhetik des Loops
Tilman Baumgärtel

Internationale Standorte und globale Immobilien
Lässt sich eine Angleichung der Städte infolge einer Globalisierung der Immobilienwirtschaft feststellen?
Susanne Heeg

Weibliche Prekarität im Alter
Aspekte von Gleichheit und Ungleichheit
Esther Gajek, Irene Götz, Alex Rau, Petra Schweiger

Vom "Völkischen" zum "Ethnischen"
Zur Ideologie der Identitären Bewegung
Roland W. Peball

Ungleich_Gleich
Inszenierung von Ungleichheit im BDSM
Mateja Marsel

SCHLANGENSTEHEN
Magdalena Schrefel

Kunstinsert
David Kröswang
www.davidkroeswang.com

2/18 Gleichheit - Leseprobe

 

Cover der Gleichheitsausgabe

Yuca Meubrink

Hitting the Jackpot
Die New Yorker Wohnungslotterie als Erfüllung des Amerikanischen Traums?

„Brooklyn’s newest affordable rentals: Lottery open now“ – steht in Großbuchstaben auf dem Flyer, der bei der Sitzung der lokalen Bürgervertretung in Bedford Stuyvesant (Brooklyn) an das Publikum verteilt wird und der dazu auffordern soll, sich bei der angekündigten Wohnungslotterie zu bewerben. 181 ‚bezahlbare’ Neubauwohnungen der insgesamt 363 Wohnungen in der Dean Street 461 werden durch eine Lotterie per Zufallsprinzip an die Bewerber_innen verteilt. Die tendenziell eher einkommensschwächeren Anwohner_innen des von Gentrifizierungsprozessen geprägten Viertels werden innerhalb der Lotterie bevorzugt berücksichtigt, wie die Direktorin der Wohnungsgesellschaft, die diese Wohnungen managt und für die Durchführung der Wohnungslotterie zuständig ist, erklärt und sogleich alle Interessierten auffordert, zu einer Informationsveranstaltung ein paar Wochen später zu kommen.[1]

In vielen größeren Städten in den USA, so z.B. in Boston, Chicago, San Francisco und eben auch in New York ist es inzwischen Gang und Gäbe ‚erschwingliche’ Wohnungen über ein Lotterieverfahren zu vergeben. In einer Stadt wie New York, die sich mitten in einer Wohnungskrise befindet und mit derzeit über 60.000 auf der Straße lebenden Menschen die höchsten Obdachlosenzahlen seit der Großen Depression aufweist[2], wird für viele die Wohnungssuche zum Albtraum. Der derzeitige Bürgermeister von New York Bill de Blasio legte aus diesem Grund einen ambitionierten Wohnungsplan vor, mit dem er unter anderem 80.000 ‚bezahlbare’ Wohnungen bis 2023 bauen lassen will. Eine der Säulen des Plans ist, dass Bauunternehmen höher und dichter bauen dürfen, wenn sie zwanzig oder dreißig Prozent an ‚erschwinglichem’ Wohnraum in ihre Neubau-Wohnhäuser integrieren.

Die vorangestellten sowie folgenden Beobachtungen entstanden im Zusammenhang meiner Feldforschungen in New York in den Jahren 2016 und 2017, in denen es vordergründig darum ging, dieses wohnungspolitische Programm des ‚In-die-Pflicht-Nehmen‘ von Bauunternehmen genauer zu untersuchen. Ziel war es sowohl die alltäglichen Aushandlungen und Machtkonstellationen während der Planungsphase als auch die Alltagserfahrungen der Bewohner_innen und Nachbarschaft mit ethnografischen Forschungsmethoden in den Blick zu nehmen. Die Vergabe dieser ‚erschwinglichen’ Neubauwohnungen geschieht über eine Wohnungslotterie. Die im Folgenden aufgezeigte Komplexität und Widersprüchlichkeit dieses Vergabeprinzips bildet demnach nur ein Ausschnitt meiner mehrjährigen Forschung ab. Gleichzeitig zeigt gerade dieser Ausschnitt die komplexen Herausforderungen, vor denen eine Stadt steht, die zwischen den Ansprüchen des Marktes und den Interessen seiner Bewohner_innen zu lavieren versucht.

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