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Call for papers

Das Althebräische kennt drei Verben für Töten, und das Alte Testament verlegen machende Stellen, an denen zum Umbringen von Frauen, Kindern und Alten aufgerufen wird. Musste das Gebot „Du sollst nicht töten“ dieser Fehdenlogik entgegentreten?

Aber heute? Geschieht das Töten in den medial unterstützten Imaginationen des Alltags so beiläufig, dass es im Bann der Verdrängung steht? Etwa der hunderttausendfach in Actionfilmen, digitalen Spielen und ohnmächtigen Rachegedanken der Schlaflosigkeit durchgespielten Tötungsakte ("Alle umlegen, soll Gott sie aussortieren.") – anders als das inszenierte, aber noch in seiner medialen Vermittlung körperlich reale Töten des IS, beispielsweise in Palmyra. Versteckt sich also das Töten hinter der Scham einer Wohlstandsethik, in tausend verschämten und vielleicht verlogenen Gepflogenheiten des Alltags?

Töten ist Zukunftsberaubung. Indem wir Tiere töten, um sie uns einzuverleiben, nehmen wir ihnen zukünftiges Glück ebenso wie zukünftiges Leid ab. Die Kulturform des Tötens spielt beim Tier plötzlich eine vermeintlich neue Rolle: ob es ein Pfeil, ein Pistolenschuss, ein Bolzen oder das Schächtmesser ist... Zu Qualifikation des Tötungsaktes kommt die Frage, ob dieser funktional war – wie scheinbar auch in Auschwitz – oder ein Akt der Grausamkeit, womit Täterin oder Täter plötzlich ins Licht treten. Im Verhältnis von Tier und Mensch stellt sich damit auch die Frage, ob das Töten überhaupt „menschenwürdig“ sein kann, mit allen vorgebrachten Argumenten der Vermeidung von Leiden.

Die nur spärlich bestückte Kulturanthropologie des Tötens[1] macht eine wenig beleuchtete Kehrseite von Kultur sichtbar, die das Verdrängte, das Böse, den Schrecken und das Entsetzen, das Vernichten, die Sabotage als „Kulturgebärde“ freilegen, eben „Kultur als Gewalt“, aber auch ihr Kippbild: Selbstzerstörung als Kultur. Zahlreiche Themen und Zugänge sind hier denkbar, zu der der vorliegende call for papers einlädt: die rationale Analyse von Kriegs- und Terrorismusgeschehen; ethnologische Studien zu Tötungstechniken und Tötungsinstrumenten; historische, mentalitätsgeschichtliche Situierungen von kriminellen Akteuren, Akten und Reaktionen, etwa an Beispielen zu Kriminalgeschichte und Todesstrafe; Militaria und Militärgeschichtsbegeisterung von Wissenschaftlern und Laien; Artikulationen meist männlichen Heldentums in realen und fiktiven Situationen und Konstellationen; medien-, religions- und medizinanthropologische Auseinandersetzungen mit Taten und Täter_innen, ihren gesellschaftlichen Hintergründen; Jagd auf und Schlachtung von nichtmenschlichem Leben.

Eine solche Kulturanthropologie des Tötens kann dazu beitragen, Tabuisierungen – die tiefe Abwehr der Auseinandersetzung mit Tat und Täter – aufzubrechen und dahinterliegende Politiken, Machtkonstellationen und kulturelle Dynamiken kenntlich und damit diskutierbar zu machen.

 

Themenvorschläge (Abstracts) für Heftbeiträge werden bis 31.10.2018 erbeten an johanna.rolshoven[at]uni-graz.at.

Einreicheschluss für Beiträge für die Kuckuck-Ausgabe 1/19 unter dem Titel "Töten" ist der 31. Jänner 2019. 

 


[1] Vgl. J. Rolshoven: Kultur, ein Theater der Komplikationen. Unfertige Gedanken zum Selbstmordattentat. In: makufee. Online-Schriften aus der Marburger kulturwissenschaftlichen Forschung und Europäischen Ethnologie, Bd. 7 (2016). https://www.researchgate.net/publication/309607394_Kultur_ein_Theater_der_Komplikationen_Unfertige_Gedanken_zum_Selbstmordattentat (Zugriff2.10.2018)